Laufhäschen

REGINA LIEBERT

Berlin-Marathon 25.09.2011

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Berlin war eine Reise wert, auch wenn ich nur Asphalt und Füße sah!

 

Ich habe mich wirklich gut vorbereitet. Meinen Trainingsplan, fast wie vorgegeben, eingehalten.

Diesmal sollte es in Berlin klappen, die Schallmauer zu durchbrechen und endlich meine Traumzielzeit 2:59:59 zu schaffen.

Jedoch, am 14.08.2011 habe ich meinen Vorbereitungshalbmarathon mit 1:33:35 beendet. Zuerst habe ich beschlossen,

das Ziel von Sub 3 aufzugeben, aber mein Mann und auch mein Trainer haben darauf bestanden, in Berlin volles Risiko zu laufen und

es auf jeden Fall zu probieren. Ich persönlich fand es anfangs etwas verwegen, mit so einer HM-Zeit einen Sub 3 Stunden Marathon anzulaufen,

aber da ich mich im weiteren Training gut fühlte, wollte ich es wagen. Zumindest sollte eine PB möglich sein. Ich habe noch nie so viele 3 Stunden Long Jogg gemacht, wie dieses mal. Um ehrlich zu sagen, die hingen mir schon zum Hals raus. Am Sonntag 3 Stunden in der Prater Hauptallee herum zu laufen – igitt!

Dann kam mir ein glücklicher Umstand zu Hilfe: Mein Vereinskollege Herbert Hartl wollte sowieso vor Ort in Berlin auf jeden Fall als Zuschauer dabei sein und da mein Mann durch seine Meniskus-OP nicht laufen konnte, bot ich ihm seine Startnummer an, falls er Lust hat, beim Marathon mitzulaufen. Da er aber 2 Wochen vor Berlin bei der WM 100 Kilometer in Holland mitlaufen wird, wusste er noch nicht, ob er das Angebot annehmen wird.

Große Freude bei mir, mein Handy läutete knapp 2 Wochen vorm Berlin-Marathon und Herbert teilte mir mit – er könnte mich die ersten 10 Kilometer und die Letzten 10 Kilometer in Berlin ziehen. Da er eine Woche später in Bregenz den 3-Länder-Marathon läuft, kann er mich nicht den ganzen Marathon begleiten. Ich war schon über die 2 x 10 Kilometerbegleitung super, super happy. Mental gab mir das eine enorme Hilfe.

 

Am Freitag nach Mittag flogen mein Mann und ich nach Berlin. Die meisten unserer Freunde waren schon am Vormittag nach Berlin geflogen.

Unsere liebe Freundin Elisabeth war so nett und hat uns das Zimmer mitreserviert und uns obendrein eine tolle Anfahrt Beschreibung vom Flughafen bis ins Hotel gegeben. Gegen 16.00 Uhr kamen wir im Hotel an. Danach ging es einmal raus, ins Berliner Leben. Natürlich wollten wir auch das KaDeWe sehen. Nach der Besichtigung vom KaDeWe ging es weiter auf der Hauptstraße. Dort trafen wir einen „Teil“ unserer Freunde. Später ging es zum gemeinsamen Abendessen.

Ja, richtig – am Speiseplan standen Nudeln! Die kann ich auch schon nicht mehr sehen und freue mich, bald wieder etwas deftigeres zu essen. Am Samstag fuhren wir zusammen zur Marathonmesse um die Startnummern abzuholen. Diese Messe ist mit nichts was ich bisher gesehen habe zu vergleichen – riesengroß. Wieder zurück im Hotel, teilten wir uns und jeder ging seinen persönlichen Plan nach. Mein Mann und ich gingen Mittagessen, natürlich, für mich wieder – Nudeln. Danach zum Ausruhen ins Hotelzimmer. Am Nachmittag laufe ich noch meine 20 Minuten – in Runden um den Hotelblock. Herbert kam am späten Nachmittag vorbei und holte sich die Startnummer für morgen ab. Wir vereinbarten unseren Treffpunkt für morgen früh, er ist ein erfahrener Berlinmarathonläufer und gab noch wertvolle Tipps. Außerdem wird er mich bis zur Hälfte und dann ab km 35 begleiten. Juhuuuuuuuuuu!

Am Abend trafen wir uns wieder mit den Freunden zur „Henkersmahlzeit“!  „Lacht“ Eh klar – Nudeln!

 

Marathontag:

Um 5:30 Uhr aufstehen und runter zum Frühstücken. Ich habe unverschämter Weise noch nie so gut vor einem Marathon wie heute geschlafen.

Zurück ins Zimmer zum Duschen und anziehen. Um 7:30 Uhr traf ich mich mit Edi um gemeinsam zum Start zu gehen. Die ewige Angst, zu spät zu kommen, zum Glück habe ich mit Edi einen verbündeten gefunden. Ich bekam die Letzten Anweisungen von meinen Mann, wann ich meine Gels nehmen soll und werde ihn bei km 22 und km 36 treffen. Die anderen zogen erst um 8.00 Uhr los. Natürlich waren wir viel zu früh beim Start. Ich hielt Ausschau nach Herbert.

Dort wo wir uns treffen sollten wurde abgesperrt, daher ging ich in meinen Startblock, da ich annahm, er mich dort suchen und finden wird. Genauso war es dann auch.

Etwas beruhigter, ihn jetzt an meiner Seite zu wissen, wartete ich auf den Start. Ich war so etwas von nervös und bekam eigentlich so gut wie nichts mit. Im Startblock war viel Platz und wir waren ziemlich knapp beim Startbogen. Es war soweit und es ging los. Ich versuchte immer Herbert im Blick zu haben und blieb so gut es ging neben ihm um meinen Schritt an seinen anzupassen. Ich fühlte mich gut und redete mir ein, Regina heute schaffst Du es. Die ersten Kilometermakierungen sah ich gar nicht, aber Herbert bestätigte immer, es passt. Es waren unglaublich viele Läufer unterwegs und da ich ja nicht die größte bin, war mein Blickfeld sehr eingeschränkt und bekam nur Asphalt und Füße zu sehen. Wir schlossen nach einer Weile auf den Pacemaker mit dem roten Luftballon 3:00 auf. Jetzt wurde das Läuferfeld natürlich noch dichter. Herbert sagte, der Pacemaker macht das gut. Daher werde ich mich ab dem Kilometer 21 an ihn dran hängen bis ich Herbert wieder treffe. Kurz vorm Halbmarathon ergreife ich den Arm von Herbert und nahm ihm das Versprechen ab, das er bei km 35 wieder da ist. Wir laufen über die HM-Matte in 1:29:55 und ich muss alleine weiter laufen. Bei km 22 halte ich so gut es geht Ausschau nach meinen Mann. Das ist nicht einfach, rund um mich jede Menge Läufer, die mir die Sicht nehmen um an den Streckenrand zu den Zuschauer zu schauen. Doch, da ist er!!!!!!!! Wir sehen uns und das gibt mir wieder einen Motivationsschub. Es geht weiter. Da ich versuche, so gut es geht, an der blauen Linie (angeblich die Ideallinie) entlang zu laufen, bin ich immer gut eingebettet von Massen an Läufern. Ich stoppe meine Kilometerzeiten und bin zufrieden, ich liege noch auf Kurs. Der Ballonläufer und sein Gefolge, mit mir eingeschlossen, ist da. Bei Kilometer 30 fängt es an. Der Pacemaker entfernt sich von mir und ich komme nicht nach. Immer weiter und weiter weg bis ich ihn nicht mehr sehen kann. Ich wünsche mir den 35er herbei. Einen nach dem anderen Kilometer ziehe ich von den 42 ab und versuche mich daran zu freuen, es sind nur mehr …..

Ich sehe Herbert und jetzt ist er wieder an meiner Seite. Ich versuche wieder schneller zu laufen. Schließlich will man ja keine Schande machen, wenn sich Herbert schon so viel Mühe macht. Zum Glück, ich sehe wieder meinen Mann, das tut einfach gut. Ich weiß, er hat es mir sicher angesehen, frisch und gut sehe ich nicht mehr aus. Irgendwann habe ich schmerzen in der linken Hüfte bis runter zum Gesäßmuskel bekommen. Laufe daher etwas unrund. Versuche aber Mental daran zu arbeiten und rede mir ein, ich spür nix. Merke auch, ich werde steif beim Laufen. Meine Kilometerzeiten werden weiterhin langsamer und somit entfernt sich mein Ziel unter 3 Stunden zu laufen immer mehr. Herbert versorgt mich bei jeder Labestelle mit Wasser. Obwohl es zum Glück viel im Schatten zu laufen ist, wenn man an den Stellen mit Sonnenschein läuft, fühlt es sich sehr warm an. Für mich sehr ungewohnt, normalerweise macht mir Sonne und Wärme nicht sehr viel aus. Anscheinend fühlt es sich doch etwas anders an, wenn man ein schnelleres Tempo laufen muss. Von der Marathonstrecke selbst habe ich kaum etwas mitbekommen. Ich sah immer nur Asphalt, Füße und hin und wieder die Zuschauer. Aber, ich bin hier um einen schnellen Marathon zu laufen und nicht um eine Stadtbesichtigung zu absolvieren. So ist das halt einmal. Dort wo es doch etwas an Anstieg gab, da konnte man sich auf das Berliner Publikum verlassen. Sie waren da und feuerten heftig an. Es geht auf das Brandenburger Tor zu, eine breite Straße führte hin. Ich bekomme das alles nur mehr vage mit. Versuche nochmals das Tempo zu steigern und

zu retten was noch zu retten ist. Gleich nach dem Brandenburger Tor liegt eine Zeitnehmungsmatte und ein Mann vor mir, glaubt sich anscheinend im Ziel und bleibt stehen. Irritiert schaue ich zu Herbert, er und alle anderen laufen weiter, ich auch. Endlich, es ist geschafft, wir sind im Ziel. Ich wage einen Blick auf meine Uhr – ich habe 80 Sekunden zu viel drauf. Es waren 3:01:19! Meine Gefühle fuhren Hochschaubahn. Natürlich freute ich mich über so eine tolle persönliche Bestzeit und zugleich war ich traurig das es um 80 Sekunden nicht geklappt hat. Der Zielbereich war sehr weitläufig und großzügig. Heute wollte ich mir unbedingt das Zielbier schmecken lassen. Es gab Erdinger Alkoholfrei. Ich konnte Herbert nicht dazu überreden, er wollte ein „echtes Bier“. Ich nahm mir einen Becher und setzte mich in die Wiese. Danach nahm ich die Suche nach dem Stand für die Medaillengravur auf. Bei der Anmeldung habe ich mir eine Gravur dazu bestellt. Ich musste weit gehen, aber die Gravur selbst hat nicht einmal eine Minute gedauert. Mit dieser Medaille und einer Urkunde trat ich den Heimweg ins Hotel an.

 

Jetzt bin ich sehr, sehr Glücklich mit meiner 3:01:19! Immerhin reichte es für den 5. Platz in der W40 und bei den Damen der Gesamtrang 56.

 

Ich danke allen die mir die Daumen gedrückt haben und mit mir mitgefiebert haben.

Zur Zeit kann ich es mir nicht vorstellen, noch einmal mir das Ziel von Sub 3 zu setzen, aber sag niemals nie!

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